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Wie funktioniert eigentlich ein Polarimeter?

Was war die Entdeckungsgrundlage der Spektralpolarimetrie?

Ein Polarimeter ist ein Gerät zur Bestimmung der Polarisationsrichtung des Lichts bzw. des Drehvermögens einer optisch aktiven Substanz. An einem Quarz machte 1811 der Physiker Francois Jean Dominique Arago eine Entdeckung, die für die Polarimetrie sehr wichtig war. Arago zerschnitt einen Quarzkristall senkrecht zur Kristallachse und sah die Drehung der Polarisationsebene von linear polarisiertem Licht.

Der Wissenschaftler Jean Baptiste Biot beobachtete, dass die Drehung der Polarisationsachse auch in bestimmten Flüssigkeiten und Gasen organischer Substanzen existiert. Seine Überzeugung: die optische Aktivität hängt in irgendeiner Weise mit dem Aufbau der chemischen Verbindung zusammen.

Der Chemiker Louis Pasteur hat das Werk von Biot weitergeführt, indem er die optische Aktivität von Kristallformen mehrerer Salze der Wein- und Traubensäure mit einem Polarimeter untersuchte. Dabei erkannte er, dass es vier verschiedene Isomere gibt: die linksdrehende D() 17, die rechtsdrehende (L+) 16, die so genannte Racemische und eine, die als meso-Weinsäure 18 bezeichnet wird. Die meso-Form dreht die Ebene des polarisierten Lichtes nicht. Mit dieser Erkenntnis legte er den Grundstein für die Entwicklung der Polarimetrie.

Polarisation, eine wichtige Eigenschaft des Lichtes

Die für Menschen unsichtbare Polarisation des Sonnenlichts an der Erdatmosphäre ist für einige Insekten, wie Heuschrecken, Bienen und Ameisen, wahrnehmbar. Bienen und andere Insekten nutzen es als Navigationshilfe, sie verändern ihre Flugrichtung in Abhängigkeit zur Polarisation des einfallenden Lichts.

Eine tropische Schmetterlingsart gar reflektiert polarisiertes Licht mit seinen Flügeln in bestimmten Mustern. Dieses polarisierte „Leuchtfeuer“ lockt Weibchen zur Paarung an. Polarisationsphänomene bleiben uns Menschen verborgen. Wir müssen physikalische Instrumente verwenden, um Polarisationseffekte zu beobachten.

Polarisationsfilter und die Schwingungsebene von Licht

Licht, wie es uns umgibt, ist unpolarisiert. Das bedeutet, jede Lichtwelle schwingt zufällig in eine Raumrichtung. Um unpolarisiertes Licht in polarisiertes Licht zu verwandeln, werden Polarisationsfilter eingesetzt. So auch im Polarimeter.

Polarimetrie Polarisationsfilter

Ein Polarisationsfilter lässt nur Licht in einer bestimmten Polarisationsrichtung durch und er unterdrückt das Licht anderer Polarisations- richtungen. Licht, welches durch einen Polarisationsfilter gewandert ist, wird polarisiert genannt.

Licht Polarisierte zwei Filter

Bewegt sich polarisiertes Licht durch einen zweiten Filter, der parallel zum ersten Filter aufgestellt ist, bleibt die Schwingungsebene erhalten und Licht gelangt auf den Bildschirm.
Wird der zweite Filter um 90° gedreht, unterdrückt er den polarisierten Lichtstrahl, der dahinterliegende Bildschirm bleibt dunkel.

Ein Selbstversuch

Sehr schön ist der Effekt zu sehen, wenn eine 3-D Brille oder eine polarisierte Sonnenbrille vor einem LCD–Computerbildschirm gedreht werden. Ab einem bestimmten Winkel verschwindet die Durchsicht. Dreht man die Brille weiter, erscheint die Durchsicht wieder. Einfach mal ausprobieren…

Wie wird mit Polarimetern gemessen?

Optisch aktive Substanzen verändern die Polarisationsrichtung der Lichtwelle. Optisch aktiv sind chirale Substanzen, deren Moleküle verschiedene räumliche Anordnungen einnehmen, die nicht durch Drehung in Deckung gebracht werden können. Beispiele für optisch aktive Medien sind Zucker, Milchsäure, Quarz, Kalkspat und Natriumchlorat.

Polarimeter ohne optisch aktiven Stoff

Wird zwischen zwei parallele Polarisationsfilter eine Röhre ohne optisch aktive Substanz platziert, bleibt die Schwingungsebene erhalten. Licht wird am Ende auf dem Schirm sichtbar. Erst wenn die Röhre mit einer optisch aktiven Substanz befüllt wird, z. B. eine Lösung aus Kristallzucker, wird eine Veränderung sichtbar…

Polarimeter mit optisch aktivem Stoff

…jetzt ist das Licht am hinteren Schirm deutlich schwächer sichtbar, weil die Schwingungsebene des Lichtes verändert wurde. Denn die Zuckerlösung, als optisch aktive Substanz, hat die Polarisationsrichtung gedreht.
Der Drehwinkel ist von der Länge des Wegs in der Lösung und der Konzentration der Lösung abhängig. Die Richtung des Drehwinkels hängt auch von der Zuckerart ab.

Polarimetrie Rechtsdrehende Saccharose 66

Wird die Röhre mit Kristallzucker (Saccharose) befüllt, ist der Drehwinkel rechtsdrehend.

Linksdrehende Fructose 89

Wird die Röhre mit reinem Fruchtzucker (Fructose) befüllt, ist der Drehwinkel linksdrehend.

Ein weiteres Beispiel: Rechts- und linksdrehende Milchsäure

Milchsäuren unterscheiden sich durch die räumliche Anordnung der OH-Gruppe am zentralen Kohlenstoffatom. Der Buchstabe trifft nur eine Aussage über die räumliche Anordnung, nicht aber über den Drehwinkel rechtsdrehend (+) oder linksdrehend (–). Diese Information erschließt sich aus (+) und (–).

Ein Beispiel: Bei der rechtsdrehenden L(+) – Milchsäure steht die OH-Gruppe links (L für griechisch laevo = links). Bei der linksdrehenden D(–) – Milchsäure steht die OH-Gruppe rechts (D für griechisch dextro = rechts).

Sauerkraut und naturbelassene Molkereiprodukte sind reich an rechtsdrehender Milchsäure und Milchsäurekulturen. Linksdrehende Milchsäuren entstehen durch Stoffwechselprodukte bestimmter Darmkeime. Normalerweise bildet unser Körper fast ausschließlich rechtsdrehende Milchsäure. Während wir für L(+)-Milchsäure ein spezifisches Enzym besitzen, das für einen raschen Abbau sorgt, wird die linksdrehende Milchsäure nur langsam verstoffwechselt. Aus diesem Grund sollten Säuglinge in den ersten zwölf Lebensmonaten keine linksdrehende Milchsäure mit der Nahrung aufnehmen. Ihr noch nicht ganz ausgereifter Darm ist mit dem Abbau überfordert.

Bedeutung für die Pharmaindustrie

Viele wichtige pharmakologische Wirkstoffe sind aufgrund ihrer Chiralität optisch aktiv und liegen als Enantiomere vor. Enantiomere (vergleichbar mit der linken und rechten Hand) unterscheiden sich meist kaum in ihren physikalischen Eigenschaften wie Dichte oder Brechungsindex. Sie sind auf diesem Wege selbst über HPLC (Flüssigchromatographie-Verfahren) kaum unterscheidbar und zu trennen. Umso bedeutsamer sind die oft großen Unterschiede in ihrer Reaktionsfähigkeit mit Enzymen sowie die sensorischen Eigenschaften wie Geruch und Geschmack oder die physiologische Wirkung als Arzneimittel.

Beispiel dafür ist die Substanz Thalidomid: Im Schlafmittel Contergan lag sie als Racemat (Enantiomerenverhältnis 1:1) vor. Ein Enantiomer wirkte teratogen, das bedeutet, eingenommen führte es beim Embryo zu Fehlbildungen in der Schwangerschaft. Dies verdeutlicht eindrücklich, warum die hochselektive Analyse der optischen Drehung eine zentrale Bedeutung in der Pharmazeutik haben kann.

Was genau wird vom Polarimeter gemessen?

Polarimeter Aufbau

Ein Polarimeter misst die Richtung und das Ausmaß der Drehung der Polarisationsebene. Je nach Art des Gerätes wird der Analysator manuell oder automatisch gedreht, bis die maximale Intensität des Lichts auf den Detektor fällt. Ein Polarimeter bildet die Gesamtheit aus Lichtquelle, Polarisator, Polarimeterröhre, Analysator und Detektor.

Automatisiertes Polarimeter

Im industriellen Bereich und in Labors mit einer großen Anzahl von Messungen werden digitale Polarimeter verwendet. Analysator und Detektor sind in diesen Geräten automatisch elektronisch gesteuert. Ihre geringe Messzeit von wenigen Sekunden pro Messung und eine Computerschnittstelle erlauben die Durchführung vieler Messreihen.

Was beeinflusst die Messung?

Die Polarimetrie liefert mit Hilfe des Drehwinkels Informationen über die Molekülstruktur, die Reinheit und Konzentration der optisch aktiven Substanz sowie manchmal Informationen über das verwendete Lösungsmittel.

Die optische Aktivität wird ebenfalls durch die Temperatur, die Wellenlänge des Lichts und die Länge des optischen Weges beeinflusst – je länger der Weg des Lichts durch eine optisch aktive Substanz ist, desto größer ist der Drehwinkel. Außerdem sind die Konzentration der Substanz und die Lösungsmittelart für die Messung wichtig. Diese Variablen sind für die korrekte Bestimmung des Drehwinkels sehr wichtig.

Polarimeter Anwendungen

Anhand des Drehwinkels lassen sich die Identität und Qualität von Stoffen sowie ihre Konzentration in Mischungen feststellen, und ebenso kann er den Fortschritt von Reaktionen und Stoffumsätzen anzeigen. So werden Polarimeter in einem breiten Anwendungsspektrum eingesetzt, von der Ermittlung der Reinheit und Konzentration von Medikamenten-Inhaltsstoffen über den Reifetest landwirtschaftlicher Produkte bis zur Messung des Zuckergehalts in Getränken und Süßwaren.

Typische Anwendungen unserer Polarimeter

Praxiswissen Polarimetrie - Fachspezifischer Überblick

Polarisation, Optischer Drehwert, Chiralität, Enantiomere, Quarz, Spezifischer Drehwinkel, U.S. Food and Drug Administration (FDA), … – unter Polarimetrie haben wir einige fachspezifische Themen für Sie zusammengefasst.

Praxiswissen Polarimetrie

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